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Schottland, Orkney-Inseln, Shetland, Hebriden, Färöer

Einleitung

Eine Reise durch die abgelegenen Regionen im Norden Schottlands war schon immer auf meiner „Bucket List“. Im Sommer 2024 habe ich den Plan dann endlich, gemeinsam mit meiner Freundin, in Angriff genommen.

Mit unserer Cirrus SR20 „D-ENYB“ haben wir uns 14 Tage lang auf den Weg gemacht, zuerst über den Ärmelkanal nach England und dann immer weiter Richtung Norden. Herausgekommen ist ein unvergesslicher und einzigartiger Trip an einige der schönsten Orte Schottlands und bis zu den Färöer-Inseln.

Dieser Bericht umfasst sowohl die Reiseroute als auch die umfangreiche Vorbereitung.

Überlegungen, Planung und Vorbereitung

Route

Ursprünglich hatten wir uns für den Sommerurlaub das Nordkap in Norwegen vorgenommen. Doch schnell wurde klar, dass die Entfernungen einfach zu groß sind, die Flugplätze im Sommer schlechte Öffnungszeiten haben und die Verfügbarkeit von AVGAS sehr eingeschränkt ist. Diesen Plan haben wir verworfen und werden Norwegen in Zukunft mit Auto oder Camper und mehr Zeit erkunden.

Wo das Flugzeug allerdings seine Vorteile voll ausspielt, sind die zahlreichen Inseln Schottlands. Schnell stand ein erster Plan: Inverness, die Orkney-Inseln, Shetland und die Hebriden sollten unsere Ziele werden. Bei passendem Wetter wollten wir außerdem das „Stretch-Goal“ verwirklichen: die Färöer-Inseln im Nordatlantik, auf halber Strecke nach Island.

 

Route
Planung

Die Planung einer solchen Reise ist sehr komplex. Neben den fliegerischen Aspekten müssen auch Sehenswertes vor Ort, Mietwagen, Unterkünfte und eventuelle Wetter- oder Technikprobleme berücksichtigt werden. Alles sollte am besten stornierbar sein. Wichtig waren:

Fliegerisch:

  • Streckenplanung und Endurance
  • Öffnungszeiten
  • PPR und ggf. Handling
  • Kraftstoffverfügbarkeit (eventuell mit Vorbestellung)
  • Lande- und ggf. Handling-Gebühren
  • IFR-Anflüge mit dem Flugzeug durchführbar? (Ausrüstung, Performance, …)
  • Zoll-/Einreiseformalien und Vorlaufzeiten
  • Puffer im Zeitplan, um z. B. Schlechtwettertage auszusitzen

Organisatorisch

  • Sehenswerte Ziele
  • Passende Flugplätze in der Nähe
  • Verfügbarkeit von Mietwagen
  • Unterkünfte

Wir haben also eine große Tabelle erstellt, in der alle Ziele, der Zeitplan und eine umfassende Checkliste festgehalten waren. So konnten wir sicherstellen, dass alle Punkte zu unserer Zufriedenheit berücksichtigt wurden und wir nichts vergessen

Equipment und Vorbereitung

Im Norden Schottlands ist die Infrastruktur zum Teil recht dünn. Um unabhängig zu sein, haben wir Camping-Ausrüstung mitgenommen – samt Verpflegung für mehrere Tage. Rückblickend war das eine sehr gute Entscheidung: Die Natur ist wunderschön und es gibt viele Möglichkeiten zum Campen. Außerdem ist es nicht immer einfach, ein Restaurant oder einen Supermarkt zu finden, besonders wenn man spät ankommt. Da ist es hilfreich, sich selbst versorgen zu können.

Erstaunlich war, wie viel Gepäck in die Cirrus SR20 passt. Vor dem eigentlichen Flug haben wir probeweise gepackt und alles gewogen, damit das Flugzeug korrekt beladen werden konnte. Schlafsäcke, Isomatten und Zelt brauchen zwar Platz, sind aber glücklicherweise nicht sehr schwer.

Test-Packen

Für unsere eigene Sicherheit waren wir außerdem mit einer Rettungsinsel, Rettungswesten und Immersion-Anzügen ausgestattet, falls wir im kalten Nordatlantik notwassern müssten. Neben dem iPad für die Flugplanung hatten wir auch das ADL180B dabei, ein kleines Gerät, das Strecken- und Flugplatzwetter über Satellitenverbindung empfängt und im Notfall Signale versenden kann.

Das Wetter

Entgegen der landläufigen Meinung ist das schottische Wetter, gerade im Sommer, besser als sein Ruf. Wir hatten insgesamt sehr viel Sonne, und wenn es mal regnete, zog das Wetter meist schnell wieder ab. Abgesehen davon ist das Sommerwetter mit dem an der deutschen Nordsee vergleichbar. In unseren 14 Tagen hatten wir nur einen einzigen wirklich komplett verregneten Tag.

Fliegen in England

Für „Festland-Piloten“ gibt es in England einige Besonderheiten, die aber alle nachvollziehbar sind:

  • Fast alle Flugplätze in England erfordern PPR, was in der Regel jedoch problemlos gewährt wird
  • Die Phraseologie und die angebotenen ATC-Services unterscheiden sich etwas, sind aber sehr schlüssig.
  • Es gibt außerhalb von Kontrollzonen fast nur Luftraum G und A.
  • IFR-Fliegen ohne Flugplan und sogar in Luftraum G ist möglich. Spontane, teils nur minutenweise Flugregelwechsel sind kein Problem.
  • Als IFR-Flieger ist man trotzdem selbst dafür verantwortlich, Freigaben für den Einflug in kontrollierte Lufträume einzuholen.

Das hat den Vorteil, dass man auch bei wechselhaftem englischem Wetter noch gut unterwegs ist. Eine tolle Ressource für die Vorbereitung ist die Website fliegen-in-uk.de, wo die Besonderheiten sehr gut erklärt werden. Auch YouTube-Kanäle wie The Flying Reporter vermitteln einen guten Eindruck dessen, was einen beim Flug über den Kanal erwartet.

Die Reise beginnt: Oxford

Mit Schwimmwesten geht es in FL120 über den Ärmelkanal

Nachdem das Flugzeug beladen und betankt war und wir die Ausreise bei der Bundespolizei im GAT erledigt hatten, brachen wir auf zu unserem ersten Ziel: Oxford.

Für die Ein- und Ausreise aus dem Vereinigten Königreich wird ein sogenannter General Aviation Report (GAR) benötigt. Der lässt sich bequem über die Website der UK Border Force einreichen. Bei der Ankunft sollte man mit einem Anruf rechnen, falls die Behörden Fragen an die Besatzung oder Passagiere haben.

Mit Foreflight über den Ärmelkanal

Unsere Flugroute führte uns auf Flight Level 120 an Amsterdam und Rotterdam vorbei, über den Ärmelkanal und mitten durch den London Class A-Luftraum – den am stärksten frequentierten in ganz Europa. Viel von London haben wir leider nicht gesehen, da England von einer Stratus-Schicht bedeckt war. Westlich von London begann dann der Sinkflug zurück in den Luftraum G und endete im ILS-Anflug auf den Flughafen Oxford.

Dank Gegenwinds dauerte dieser Flug knapp 4:30 Stunden, was für die Cirrus – auch mit Reserven und Alternate – kein Problem darstellt. Oxford ist ein gut besuchter Flughafen für Kleinflieger und Business Jets mit guter Infrastruktur, aber eher unfreundlichem Personal.

Christ Church Cathedral, Oxford

Die Stadt selbst ist schön und überschaubar, aber nicht spektakulär. Deshalb ging es nach einer Nacht auch direkt am nächsten Morgen weiter in Richtung Norden, wo wir eigentlich hinwollten. Nächstes Mal würde ich dort wohl einen anderen Platz anfliegen. In der Region gibt es zahlreiche, sehr schöne Alternativen.

Übrigens: Auf der Website der Regierung findet man eine Übersicht, welche Flugplätze für die Ein- und Ausreise zugelassen sind.

Inverness: Hauptstadt der Highlands

Das nächste Tagesziel war das ungefähr 3:30 Stunden von Oxford entfernte Inverness. Unsere Route verlief in der Mitte Englands in Richtung Norden, über die atemberaubenden schottischen Highlands. Die Fluglotsen bei Scottish Control machen ihrem Namen alle Ehre: Der schottische Akzent im Funk erfordert genaues Hinhören, damit man alles versteht. Je weiter man sich von London entfernt, desto weniger Verkehr ist unterwegs, was den Funk deutlich entspannt.

Leakey’s Bookshop, Inverness

Tatsächlich war es für mich schon der zweite Anflug auf Inverness, nachdem ich 2023 mit Stefan und Felix dort war . (Unser Reisebericht zu diesem Trip ist übrigens hier zu finden). Doch es ist jedes Mal ein Erlebnis. Im Anflug auf die Piste hat man rechts das Meer, voraus die Stadt Inverness und links das geschichtsträchtige Schlachtfeld von Culloden – ein Ort, der für die Identität der Schotten große Bedeutung hat.

Am Flughafen Inverness sind wir zu Gast bei „Highland Aviation“, einer Flugschule, die auch das Handling für externe Piloten übernimmt. Dort wurden wir sehr herzlich empfangen.

Mit dem Mietwagen ging es anschließend in die Stadt. Abends fuhren wir dann zu unser Camping-Stelle auf einer Wiese direkt am Meer.

Campen direkt am Meer
Ebbe im Beauly Firth

Am nächsten Tag stand ein Roadtrip rund um Loch Ness und eine mehrstündige Wanderung am Black River an.

Highlands mit Loch Ness im Hintergrund
Black River Hike

Nach zwei Nächten ging es dann zurück zum Flughafen, wo wir den Flieger für einen kurzen 30-minütigen Flug nach Kirkwall auf den Orkney-Inseln beladen.

Orkney-Inseln

Die Orkney Inselgruppe

Die Orkney-Inseln sind eine kleine Inselgruppe nordwestlich der Küste von Schottland.

Der Anflug findet „outside controlled airspace“ in Luftraum G statt, d. h. man fliegt den ILS ganz normal im Standardverfahren ab. In Kirkwall bedeutet das, einmal den Flugplatz überfliegen, dann outbound, umdrehen und auf dem ILS wieder zurück. Wir waren das einzige Gastflugzeug.

In Kirkwall hatten wir einen Mietwagen arrangiert. Da der Vermieter sein Büro in der Stadtmitte hat, wurden wir freundlicherweise vom Chef mit dem Auto abgeholt und in die Stadt mitgenommen.

St. Magnus Cathedral

Am Nachmittag stand dann Sightseeing auf dem Programm. Kirkwall ist klein, aber sehenswert. Mit dem Auto erkundeten wir die Insel, besuchten alte Wikinger-Stätten und beobachteten den Sonnenuntergang auf einer kleinen Insel mit dem namens Brough of Birsay, die man bei Ebbe zu Fuß erreichen kann. Auf Puffins (Papageientaucher) hatten wir vergeblich gehofft – das sollte sich erst später erfüllen.

Brough of Birsay

Obwohl sich auf den Orkney-Inseln durchaus mehr Zeit verbringen ließe, sah unser Plan eine Weiterreise am nächsten Tag vor. Nach einem leckeren Abendessen ging es früh ins Bett, denn am nächsten Morgen wartete schon der Flug zu den Shetland-Inseln.

Alte Piktensiedlung aus dem 9. Jahrhundert

Shetland

Shetland-Inseln

Die Shetland-Inseln liegen etwa 45 Flugminuten nördlich von Kirkwall und waren in vielerlei Hinsicht unser Highlight des Trips: Die abgelegene Lage, die wilde Landschaft, wenig Touristen, Campen mitten in der Natur, und ein spektakulärer Anflug! Der Hauptflughafen Sumburgh befindet sich am Südende dieser Inselgruppe. In der Mitte der Insel gibt es noch den von der Gemeinde betriebenen Flugplatz Tingwall und ganz im Norden das kleine Flugfeld Baltasound welches nahe am Shetland Space Port gelegen ist (ja richtig gelesen, in Shetland gibt es eine Raketenbasis für die zivile Raumfahrt!).

Fair Isle

Wir haben uns für den Flughafen Sumburgh entschieden, da er über Instrumentenanflüge verfügt, und es eine Mietwagen-Station gibt. Der Flug nach Shetland führt vorbei an der „Fair Isle“, einem kleinen, aber bewohnten Felsbrocken mitten in der Nordsee, der allerdings auch über ein Flugfeld verfügt.

Der Anflug auf Sumburgh war atemberaubend. Eine Wolkenbank verdeckt bis zuletzt die Sicht auf die Insel, bis sich plötzlich die wilde Landschaft Shetlands unter uns auftut – und in mitten darin unsere Landebahn.

YB in Sumburgh mit Logan Air Flugzeug im Hintergrund

Am Boden wurden wir vom Flughafenpersonal freundlich empfangen und ins Terminal begleitet. Wir waren wieder das einzige Gastflugzeug – den Rest des Tages verkehren hier vor allem Maschinen von Logan Air, der schottischen Regional-Airline.

Nachdem wir in Kirkwall eine Nacht in einem Airbnb verbracht haben, steht in Shetland nun wieder Camping auf dem Programm. Entsprechend schwer bepackt laufen wir übers Vorfeld ins Terminal.

Badestopp im kalten Nordatlantik

Am ersten Tag haben wir die Städte Lerwick und Scalloway besichtigt und sind an einem menschenleeren Strand im Nordatlantik – doch recht kalten Wassers – baden gegangen. Fürs Abendessen nutzten wir unseren Campingkocher an einem der zahlreichen Picknick-Tische inmitten der Natur und fuhren danach zu unserem Zeltplatz.

Siedlung auf Shetland
Warnung im Mietwagen vor starken Winden

Supermärkte gibt es nur wenige auf Shetland. Eine deshalb sehr sympathische Besonderheit auf Shetland: Viele Häuser haben „Honesty Boxes“ oder „Cake Fridges“ am Straßenrand bzw. im Garten. Dort findet man selbstgebackenen Kuchen, Getränke, Eier, Speck oder Sandwiches, die man sich gegen Bezahlung in eine Vertrauenskasse nehmen kann. Eine tolle Geste, bei der man auch schnell mit den Bewohnern ins Gespräch kommt.

Sonnenuntergang in Shetland

Unser Zeltplatz lag wieder direkt am Meer. Am zweiten Tag wurden wir früh morgens von Vogelschwärmen geweckt, die im Schlick bei Ebbe auf Nahrungssuche waren. Dann stand ein ganztägiger Roadtrip an: Wir fuhren immer weiter und weiter nach Norden, bis an den nördlichsten Punkt Großbritanniens, den Hermanness-Klippen auf der Insel Unst. Für uns war das eine etwa zweistündige Fahrt durch Shetlands unberührte Landschaft, einschließlich zweier Fährüberfahrten. Unterwegs legten wir noch einen Halt an den Eshaness-Klippen im Westen ein.

Eshaness-Klippen
Eshaness-Klippen

Hermanness ist ein Nationalpark und fühlt sich ein bisschen wie das Ende der Welt an. Wir wanderten rund drei Stunden lang nahezu allein durch eine Moorlandschaft, bis wir die steilen Klippen erreichten. Die einige hundert Meter hohen Klippen gehören allein den riesigen Vogelkolonien und unzähligen Schafen.

Eine Gruppe Schafe vor den Hermanness-Klippen
Fähre nach Unst

Auf der Rückfahrt in den Süden machen wir noch einen Stopp beim Shetland Space Port, dem einzigen Weltraumbahnhof in Europa. Hätten wir mehr Zeit gehabt hätte sich eine Führung sicherlich gelohnt! Dieses Mal haben wir uns dann aber mit einem Selfie vor dem Eingangsschild begnügt.

Europas einziger Weltraumbahnhof

Der dritte Tag begann sehr wolkenverhangen und mit Nieselregen. Nachdem wir das Zelt abgebaut hatten, ging es zurück zum Flughafen in Sumburgh. Auf dem Weg besuchten wir noch das Sumburgh Lighthouse am südlichen Ende der Inselgruppe. Das Highlight dort: eine große Puffin-Kolonie, die an den steilen Klippen nistet und sich aus nächster Nähe beobachten ließ. Endlich konnten wir die seltenen Vögel aus nächster Nähe beobachten!

Seltener Anblick: Ein Papageientaucher

Stornoway

Lews Castle, Stornoway

Danach flogen wir in etwa 1 Stunde 40 Minuten Richtung Südwesten nach Stornoway, der Hauptstadt der äußeren Hebriden-Inseln Harris und Lewis im Nordwesten Schottlands. Dort wartete windiges und verregnetes Wetter auf uns, aber dank VOR-Anflug kamen wir sicher an. Auch hier waren wir wieder die einzigen Besucher.

Hafen von Stornoway

Nach den letzten Nächten im Zelt hatten wir uns hier ein Hotel gegönnt. Stornoway ist ein verschlafener Ort mit typischem schottischem Kleinstadtflair, einem kleinen Schloss, einem Hafen und einigen wirklich leckeren Restaurants. Da es Sonntag war, genossen wir einen traditionellen englischen Sunday Roast – gewissermaßen eine Stärkung für den anstehenden Flug zu den Färöer-Inseln.

Färöer

Die Reise zu den Färöer-Inseln war das Stretch-Goal und Highlight dieser Reise zugleich. Die Inselgruppe auf halber Strecke zwischen Schottland und Island ist ein autonomer Bestandteil von Dänemark, gehört aber nicht zur EU.

Die Reise nach Färöer war gleich unter verschiedenen Gesichtspunkten eine Herausforderung:

Fliegerische Herausforderungen:

Auf den Färöer-Inseln gibt es nur einen einzigen Flughafen: Vagar (EKVG). Um dort landen zu dürfen, muss man ein umfangreiches Selfbriefing zur besonderen Windsituation vorweisen. Der Flughafen liegt zwischen steil aufragenden Felsformationen, die bei bestimmten Windlagen starke Turbulenzen und Windscherungen verursachen können. Deshalb ist in Vagar ein einzigartiges Windwarnsystem installiert, das den Wind in unterschiedlichen Höhen und Positionen um den Flughafen herum misst. Ab bestimmten Grenzwerten sind Starts und Landungen verboten – auch für große Flugzeuge.

Hinzu kommt, dass auf den Färöer-Inseln oft dichter Nebel oder schlechte Sicht herrscht. Das ILS-Verfahren, das zwischen Bergen hindurchführt, kommt so schnell an seine Grenzen. Man kann den Platz also nur anfliegen, wenn Wind und Wolken innerhalb bestimmter Limits liegen.

Briefing zu den besonderen Windverhältnissen am Flughafen Vagar

Ist man einmal gelandet muss man natürlich auch wieder wegkommen, und das kann auch ein Problem sein: Bei unserer Planung gab es zunächst noch nicht einmal SIDs (Standard Instrument Departures), die ohne zusätzliche Autorisierung geflogen werden durften (AR = Authorization Required).

Zu unserem Glück wurden im Mai 2024 zwei neue GPS Abflüge veröffentlicht, also gerade rechtzeitig für unseren Trip.

Angesichts von nur einer Piste in Vagar und den oft schwierigen Wetterbedingungen ist die Planung von Alternates extrem wichtig. Falls man in Vagar nicht landen kann, bleibt nur der Weiterflug nach Island oder das Zurückkehren nach Schottland.
Auch wenn der Weiterflug nach Island reizvoll gewesen wäre, so haben wir doch aus praktischen Gründen Alternates in Schottland ausgewählt. In Frage kommen da Stornoway, Wick (der berühmte Flughafen über den viele Transatlantik-Flüge führen) und – Sumburgh. Ich habe sämtliche An- und Abflüge für Vagar zuhause im Simulator mehrfach geübt.

Die Cirrus SR20 G6 erlaubt die Planung des Flugs nach Färöer plus Rückflug zum Alternate zzgl. der nötigen IFR-Reserven gerade so. Deshalb ist während des Fluges auch ein Betrieb nach „Best Economy“ und die genaue Überwachung des tatsächlichen Kraftstoffverbrauchs überlebenswichtig.

Apropos Überleben: Auch im August ist das Wasser im Nordatlantik nur etwa 10°C warm. Im Falle einer Notwasserung würde das bedeuten, dass man aufgrund der einsetzenden Hypothermie nach 1h bewusstlos wäre und maximal 3h überleben könnte.

Um den Flug trotzdem antreten zu können haben wir uns entsprechend vorbereitet: Wir hatten eine Rettungsinsel griffbereit und haben darüber hinaus sog. Immersion-Suits getragen, Anzüge aus dickem Neopren, welche im Notfall den Körper länger warmhalten. Die Anzüge sind etwas sperrig im Handling, deshalb haben wir bereits vor Abflug in Braunschweig das zügige An- und Ablegen im Flugzeug geübt. Zuletzt hatten wir so gut es ging Funkkontakt gehalten und zusätzlich noch einen Satelliten-Notfallsender dabei.

Soweit also die fliegerische Vorbereitung. Bleibt noch der organisatorische Teil:

Organisatorisch:

Der Flughafenbetreiber von Vagar stellte uns vor einige zusätzliche Herausforderungen:

Auf dem Papier (nach AIP) ist Vagar sehr unkompliziert anzufliegen, der Platz verfügt lediglich über AFIS und für den Anflug ist lediglich ein während der Öffnungszeiten aufgegebener Flugplan erforderlich. Also alles Standard. Die Airport-Website erwähnt jedoch, dass für Airlines jedoch Airport-Slots verpflichtend wären. Das war gleich 3-mal verwunderlich:

  1. Vagar hat pro Tag üblicherweise eine einstellige Anzahl an Flugbewegungen. Es ist also fraglich weshalb dafür Slots benötigt werden.
  2. Vagar ist ein sog. Level-2 Airport, d.h. „at risk of congestion”. Das bedeutet, dass die Verwendung eines Slot-Systems zwischen Flughafen und Airlines auf freiwilliger Basis geschieht, aber keine Pflicht ist. Im Gegensatz zur Aussage auf der Website.
  3. Auf Nachfrage per E-Mail teilte der Airport-Manager mir per E-Mail mit, dass für unseren Flug auch ein Slot erforderlich wäre, obwohl wir ja) keine Airline sind und b) ein Slot wiegesagt keine Pflicht, sondern eine Empfehlung ist. Man teilte uns außerdem mit, dass für unseren geplanten Zeitraum aufgrund von „Parkplatzproblemen“ kein Slot erteilt werden könnte. Ich bekomme das Gefühl, dass das ein vorgeschobener Grund ist und wir einfach nicht erwünscht sind.

Ich habe meinen Flugplan trotzdem aufgegeben und nach einigem Verzweifeln mit dem furchtbar komplizierten und schlecht dokumentierten Slot-Format einen Slot via E-Mail vom Slot-Koordinator erhalten mit der Bemerkung „For final confirmation and parking contact Vagar Handling“.

Also habe ich Handling per E-Mail kontaktiert und nachdem man sich nicht gemeldet hat auch noch angerufen. Der freundliche Flughafenmitarbeiter meinte, dass entgegen der vorherigen Aussage kein Slot erforderlich sei und auch Parken problemlos möglich wäre. Warum sollte Parken auch ein Problem sein an einem so großen Flughafen mit so wenig Flugbewegungen?

Am nächsten Tag sah das Wetter gar nicht gut für einen Flug aus. Es stürmte, und in Färöer war ganztägig Nebel zu erwarten. Nach einer telefonischen Beratung mit dem Meteorologischen Dienst in Island, der auch das Flugwetter für die Färöer-Inseln erstellt, habe ich mich dazu entschieden den Flug auf den nächsten Tag zu verschieben. Dort war mit einer Wetterbesserung aufgrund eines Höhentroges zu rechnen.

Also habe ich einen neuen Flugplan aufgebeben und den entsprechenden Slot organisiert und auch die neuen Daten mit dem Handling-Mitarbeiter über Telefon bestätigt.

Dann haben wir Hotel und Mietwagen spontan verlängert und einen weiteren Tag in Stornoway verbracht und uns für die bevorstehende Reise ausgeruht.

Der Flug nach Färöer

Im Immersion-Anzug, bereit für den Flug über den kalten Nordatlantik

Am nächsten Tag ging es morgens zum Flughafen, der Flieger wurde beladen und vorbereitet, wir legten unsere Immersion-Anzüge an. Jetzt wurde es ernst. Wir starten und setzen Kurs Richtung Norden übers offene Meer.

Kurz nachdem wir unsere Reiseflughöhe erreicht hatten, bemerkten wir eine E-Mail auf dem Handy, die nur 20 Minuten vor unserem Abflug verschickt worden war: Der Airport Manager von den Färöern schrieb, wir könnten nicht kommen, da es keinen Parkplatz gebe.

Wir diskutierten die Situation kurz und beschlossen dann nicht umzukehren, sondern den Flug wie geplant fortzusetzen, da durch die neue Information die Sicherheit des Fluges nicht gefährdet war. Wir waren bestens vorbereitet, das Wetter war günstig, und wir hatten Flugplan, Slot sowie das telefonische Okay vom Handling-Mitarbeiter. Also ging es weiter, und wir waren zuversichtlich, auch das „Park-Problem“ für unseren kleinen Flieger vor Ort lösen zu können.

Unter uns war das Meer vom Sturm am Vortag noch aufgewühlt, und die weißen Schaumkronen auf den Wellen waren gut zu erkennen. Dank Rückenwind dauerte der Flug nur etwa anderthalb Stunden und verlief ansonsten ziemlich ereignislos. Irgendwann brach der Funkkontakt zu den schottischen Lotsen ab, und wir waren für eine Weile auf uns allein gestellt. Etwa 80 Meilen vor den Färöern bekamen wir dann endlich Vagar AFIS.

Selfie über dem Nordatlantik, auf dem Weg zu den Färöer-Inseln
Stürmisches Meer unter uns
Auf dem Weg nach Färöer

Am Funk fragte man uns welche Kraftstoffart wir benötigten, ich antwortete, dass wir am Abflugtag tanken würden, aber ahne bereits nichts Gutes.

Bald erschien dann die Färöer Inselgruppe am Horizont. Der Anblick der Inseln mitten im stürmischen Meer ist atemberaubend, doch ich muss mich auf den Anflug konzentrieren. Wie im Wetterbericht vorhergesagt wurden wir jedoch von Turbulenzen verschont. Wir legen uns auf den ILS-Anflug und haben bald den Platz voraus in Sicht. Laut Anflugkarte kann der Glideslope schwanken und sollte nicht mit Autopilot geflogen werden. Tatsächlich neigte er sich mal nach oben, mal nach unten, aber zum Glück hatten wir gute Sicht.

 

Färöer in Sicht!
Ziel in Sicht

Nach der Landung geleitete man uns sofort zur Tankstelle, wo bereits ein gelbes Follow-Me-Auto mit Flughafenpersonal auf uns wartet. Man erklärte uns wir könnten nicht bleiben und sie würden uns betanken und dann müssten wir weiterfliegen. Natürlich war der Flughafen in Wahrheit keineswegs überfüllt, und für unseren kleinen Flieger war mehr als genug Platz da. Nach einer halbstündigen intensiveren Diskussion haben wir uns dann durchgesetzt – schließlich hatten wir sämtliche, meiner Meinung völlig unnötigen, bürokratischen Hürden korrekt umgesetzt. Wir dürfen bleiben und parken vor einem Militär-Hangar.

Wir hatten es also geschafft – wir waren in Färöer angekommen!

Mit dem Mietauto geht es nach einem Fotostopp am berühmten Skarðsáfossur-Wasserfall weiter in die Hauptstadt Tórshavn, wo wir unser Hotel beziehen und uns nach der anstrengenden Reise stärken Die Färöer-Inseln versprühen ein starkes nordisches Flair und sind im Vergleich zu Schottland deutlich touristischer geprägt. So haben wir, obwohl es nicht Norwegen geworden ist, doch noch eine Portion Skandinavien erleben können.

Foto-Stopp am Skarðsáfossur-Wasserfall
Wir hatten es geschafft: Foto-Stopp am Skarðsáfossur-Wasserfall
Hafen von Tórshavn
Die typischen grasbewachsenen Dächer in Färöer

Tags darauf erkundeten wir die Inseln: Wir fuhren an unzähligen Wasserfällen und Schafherden vorbei, machten eine Bootstour unter den gigantischen Vestmanna-Klippen und wanderten trotz Regens über Bergkämme. Manchmal wünschten wir uns kurzzeitig ins 30 °C warme Deutschland zurück, aber die spektakuläre Landschaft machte das mehr als wett.

Höchster Wasserfall in Färöer, der Fossá
Der kleine Ort Tjørnuvík
Hvithamar Trailhead

Rückreise aus Färöer, Stornoway

Am nächsten Tag müssen wir leider auch schon wieder die Rückreise antreten. Schließlich waren wir aufgrund des schlechten Wetters einen Tag später angereist. Am Flughafen freute man sich offensichtlich so sehr über die Abreise von uns pedantisch-penetranten Deutschen, dass man unseren Flug sogar auf die Abflugtafel im Terminal packt. Wir sind ein bisschen stolz.

Stolz, dass wir es auf die Abflugtafel geschafft haben (2. Eintrag von oben)

Nach einem ausführlichen Preflight-Check heben wir – wieder in den Immersion Suits und mit dem Rettungsfloß parat – ab und setzen den Kurs zurück auf Stornoway. Im Abflug werden wir übergeben an Reykjavík Control. Das Rufzeichen bringt einen Hauch von „Atlantik-Überquerung“ ins Cockpit.

Das MFD des G1000 zeigt Island im Nordwesten und unsere Flugroute zurück nach Schottland

Den restlichen Tag verbringen wir zurück in Schottland damit die Inseln Harris und Lewis zu erkunden. Dort gibt es uralte Siedlungen voller Geschichte und kilometerlange Strände mit türkisblauem Wasser. Wäre das Meer nicht so kalt könnte man den Eindruck gewinnen man wäre in der Karibik, und nicht in Schottland. Absolut sehenswert!

Roadtrip über die Isle of Lewis
Typisch schottische Moorlandschaft

Isle of Skye / Es kommt alles anders

Als nächstes Ziel hatten wir eigentlich die Isle of Skye geplant, eine innere Hebrideninsel. Dort gibt es ein von der Gemeinde betriebenes „Unlicensed Airfield“, für das ich eine PPR-Anfrage gestellt und einen Mietwagen organisiert hatte, der uns direkt am Platz übergeben werden sollte. Wir wollten zwei Tage bleiben.

Doch alles kam leider etwas anders. Die Batterie unseres Flugzeugs zeigte leichte Anzeichen von Schwäche und ich konnte es nicht riskieren an einem einsamen Flugplatz, ohne jegliche Infrastruktur zu stranden. Auf Skye hätte man im Notfall nur schwer Starthilfe organisieren können. Deshalb mussten wir umplanen und ein alternatives Ziel finden mit entsprechender Infrastruktur finden, sollte uns die Batterie im Stich lassen. Die Wahl fiel dann auf den Glasgow Airport, verbunden mit 2 Nächten Camping am Loch Lomond.

Alternatives Ziel: Glasgow

Loch Lomond

Die Planung für Glasgow war noch einmal spannend. Glasgow ist ein Riesen-Flughafen, so groß, dass dort sogar A380 landen. Das wir dort überhaupt landen durften war nur nach des Glasgow Flight Center, einer lokalen Flugschule, möglich, welche freundlicherweise unser Handling übernommen hat.

Der zügige Anflug in solidem IMC auf Glasgow zwischen einem stetigen Strom großer Airliner war noch einmal eine Herausforderung.

In der Flugschule des Glasgow Flight Center kamen wir noch mit einem Fluglehrer und langjährigen Kapitän von Logan Air, der schottischen Regional-Airline ins Gespräch, der uns interessiert über unsere bisherige Tour ausfragte und auch noch zahlreiche Tipps parat hatte.

Die nächsten beiden Tage verbrachten wir am Loch Lomond, campten direkt am Ufer, wanderten durch die schottischen Highlands und haben uns zum Ausklang noch einen Nachmittag im Spa gegönnt.

Die Rückreise

Nach zwei Tagen ging es zurück zum Flughafen Glasgow. Da Glasgow offiziell ein für Ein- und Ausreise zugelassener Flughafen ist, erleichterte das die Formalitäten. Dank kräftigem Rückenwind konnten wir die 600 NM bis Braunschweig sogar nonstop zurücklegen. Nach 2,5 Stunden war bereits die deutsche Küste in Sicht, wir überflogen Borkum und waren gefühlt schon fast wieder daheim. Wenig später landeten wir zurück in Braunschweig, nach insgesamt 2500 Meilen, 21 Flugstunden und einer Fülle unvergesslicher Erinnerungen.

Ein kräftiger Halo in FL110 auf dem Rückweg von Glasgow nach Braunschweig

Zusammenfassung & Tipps

Der Trip durch Schottland bis hin zu den Färöer-Inseln war unvergleichlich und voller einzigartiger Eindrücke. Dabei haben wir längst nicht alle Flugplätze und Orte besucht, die auf unserer Wunschliste standen – eine hervorragende Ausgangsbasis für den nächsten Trip!

Einige zentrale Erkenntnisse:

  1. Planung und Vorbereitung sind alles. Je besser man vorab plant, desto mehr lässt sich die Zeit vor Ort genießen.
  2. Equipment vorher testen. So weiß man, was man wirklich braucht, und ist im Ernstfall vorbereitet.
  3. Camp & Fly ist eine tolle Kombination. Gerade an entlegenen Orten ist man so unabhängig von teils heruntergekommenen Hotels und kann die Natur hautnah erleben.
  4. IFR war hilfreich, aber nicht notwendig. Die meisten unserer Flüge hätte man auch unter Sichtflugregeln durchführen können. IFR vereinfacht die Planung natürlich ungemein, aber mit etwas mehr Flexibilität ist eine Reise in diesem Umfang auch problemlos VFR durchführbar – vorausgesetzt die Großwetterlage spielt mit.

Alles in allem war es eine unvergessliche Reise, die Lust auf weitere Abenteuer macht.

Heimat in Sicht: Die Insel Borkum voraus
Flug-Förderungsgemeinschaft e.V.

Die Flug-Förderungsgemeinschaft e.V. (kurz: FFG) ist ein gemeinnütziger Verein mit über 100 Piloten und vielen Förder-Mitgliedern am Forschungsflughafen Braunschweig. Das Ziel des Vereins ist die Förderung des Fliegens. Dieses Ziel wird insbesondere dadurch erreicht, Luftsport-Interessierte in unserer eigenen Flugschule zum Piloten auszubilden.

© 2025 – Flug-Förderungsgemeinschaft e.V.

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