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Der Nordkapp-Flug, der keiner war …

Seit vielen Jahren gab es den Plan, einmal selbst zum Nordkapp zu fliegen.

Letztes Jahr sollte es soweit sein, doch dann hinderte uns „das Virus“ daran …

Also hatten wir uns den Trip für dieses Jahr erneut vorgenommen.

Aus mehreren guten Gründen wählten wir D-ENYB, und nicht zuletzt wegen der höheren Nutzlast bei vollen Tanks gegenüber der D-ERHD.

Zur Vorbereitung:

Die Flieger-App SkyDemon bot uns sämtliche Karten und Länder-Infos, NOTAMs etc.

Leider war mittlerweile klar, dass wir nicht bis nach Norwegen fliegen können – schuld war immer noch „das Virus“. Somit planten wir stattdessen eine Tour bis zum nördlichsten Flughafen Schwedens, Kiruna (ESNQ), immerhin jenseits von 67° N und mit Aussicht auf Mitternachtssonne …

Auf verschiedenen Internet-Seiten finden sich interessante Infos:

  • die skandinavische Wetter-Seite ist mit kostenloser Registrierung nutzbar
  • die Schwedische AIP ist auch kostenlos nutzbar, die Freischaltung kann allerdings ein paar Tage dauern
  • Viel Hilfreiches findet sich auch bei www.eddh.de
  • die „Flygklubb“-Seiten an den anzufliegenden Plätzen sind Goldgruben für mehr Infos! Selbst wenn in der AIP bei größeren Flughäfen kein Avgas 100 LL mehr zu finden war (je nördlicher, desto schwieriger), gab es oft welches bei den dortigen Flugvereinen! Auch Fragen zu Übernachtung, Taxi oder Verfahren außerhalb der Öffnungszeiten werden sehr hilfsbereit und unorthodox beantwortet.
  • Für die meisten der großen Flughäfen gibt es eine so genannte „Weekly Season Card“ (WSC), die 7 Tage lang gültig ist und alle Lande- und Parkgebühren einschließt. Das lohnt sich oft schon ab 2 Landungen! Kosten finden sich auf der Seite des Betreibers

Kleine Flugplätze haben üblicherweise keine festen Öffnungszeiten (und auch keine Flugleiter-Pflicht!); ein Anruf hilft, örtliche Besonderheiten herauszufinden. Oft gibt es dort sogar eine kleine Piloten-Hütte für eine Nacht!

Bei großen Flughäfen finden sich z.T. sehr „gewöhnungsbedürftige“ Öffnungszeiten, die je nach dem unbedingt einzuhalten sind (Bsp. ESNQ: 0405-0450; 0815-0935; 1530-1605; dazu sind diese täglich leicht verschoben; noch Fragen?!?).

Wir haben nicht nur aus diesem Grund bevorzugt kleine Plätze gewählt.

Zu beachten ist bei der Planung, dass nicht immer ein Hotel und/oder Supermarkt um die Ecke sind; daher hatten wir für solche Fälle ein Zelt und Verpflegung für 2-3 Tage an Bord, die wir dann regelmäßig nachgefüllt haben.

Eigentlich wollten wir auch Falt-Räder mitnehmen, doch wir fanden leider keine, die durch die Gepäck-Luke der D-ENYB gepasst hätten. So mussten wir uns hin und wieder ein Taxi „gönnen“.

VFR besteht keine Flugplan-Pflicht, auch wenn es in den abgelegeneren Gegenden durchaus Sinn ergibt und unkompliziert gehandhabt wird.

Es hilft, die Zahlen seines Flugzeuges bereits während der Vorbereitung gut zu studieren! Gerade in die Start- und Landesteckenberechnung kann durch vielfältige Umstände oft nicht die gesamte Bahnlänge einbezogen werden: weiche Stellen am Ende, hohe Baumreihen vor der Piste etc. sind nicht immer detailliert angegeben! Auch Bahnneigung, Gras-Länge usw. sind nicht immer vorher bekannt, und es hilft, rechnerisch nur ½ oder maximal ⅔ der Bahn zu benötigen; der Rest ist für die Sicherheit …

Durchführung und Route:

Von Braunschweig Richtung Lübeck ging es erst einmal altbekannt los.

Nach einem anschließend erforderlichen IFR-Flug bis Malmö (ESMS) am ersten Tag hatten wir Glück mit dem Wetter und konnten den Rest der Tour bei ausnahmslos blauem Himmel fliegen! Lediglich starke Gegenwinde verlängerten manche unserer Etappen unfreiwillig. Aber wir hatten es ja nicht eilig …

Pro Tag waren wir üblicherweise 3-4 Flugstunden mit mehreren Zwischenstopps unterwegs, um nicht nur aus der Luft Land und Leute kennen zu lernen. Und an besonders schönen Flecken blieben wir gerne auch mal zwei Nächte …

Nordwärts ging es großenteils entlang der Ostseeküste, die vielseitig und unglaublich schön ist: viele vorgelagerte Mini-Inseln sorgen für eine abwechslungsreiche Landschaft!

Bei einem Abstecher in die Gebirge Nordschwedens lernten wir dann beeindruckende Auf- und Abwinde kennen, die bei gleichbleibender Höhe (und unveränderter Motorleistung!) für angezeigte Geschwindigkeiten zwischen 85 und 150 KIAS sorgten!

Richtig Süden entschieden wir uns für das z.T. sehr dünn besiedelte Inland. Auch hier warten wunderschöne Wälder, Weiten und Seen auf das Auge des faszinierten Betrachters aus der Luft!

Und wie in Schweden üblich reichen jedes Mal – egal ob mit oder ohne vorherige telefonische Ankündigung – ein, zwei Positionsmeldungen in der Platzrunde vor einer erfolgreichen Landung auf einem oft menschenleeren, aber gut gepflegten Platz.

Aktive oder deaktivierte Lufträume, Beschränkungsgebiete u.v.m. werden bereitwillig und oft sogar proaktiv von SWEDEN CONTROL über Funk mitgeteilt, ein möglicher Durchflug schnell und unkompliziert organisiert.

Da wir zum guten Schluss geplantermaßen IFR in Hamburg landen wollten, wurden wir entlang der Vogelfluglinie mit einem Flug über einer fast geschlossenen Wolkendecke belohnt!

 

Angeflogene Flugplätze:

Lübeck (EDHL); Malmö (ESMS); Älmhult/Möckeln (ESMU); Ölanda (ESMZ); Västervik (ESSW); Västerås (ESSX); Siljansnäs (ESVS); Åviken Fly Camp (ESNF); Umeå (ESNU); Luleå (ESPA); Kiruna (ESNQ); Hallviken (ESNA); Optand (ESNM); Hede/Hedlanda (ESNC); Arvika (ESKV); Visingsö (ESSI); Hässleholm (ESFA); Eslöv (ESME); Hamburg (EDDH); Braunschweig (EDVE)

Unsere Erfahrungen und Erkenntnisse:

1. Es lohnt sich in Schweden nicht, nach Seen zu navigieren, denn es gibt zu viele davon 🙂

Schweden ist das Land der vielen Seen. Die großen im Süden (Vänern, Vättern etc.) können je nach dem schon als Navigationshilfe dienen, aber spätestens mit Abnahme der Bevölkerungsdichte ab Mittelschweden prägen z.T. sumpfähnliche Gebiete mit buchstäblich unzähligen Seen das Landschaftsbild. Hier sind alternative Methoden zur Orientierung erforderlich. Neben GPS gibt es dafür immer noch zahlreiche NAV-Anlagen (VOR, DME etc.), die unübersehbaren Europa(Land-)-straßen und schließlich auch die Ostsee 😎.

 

2. Vereinsamte Flugplätze überall …

In Schweden gibt es keine Flugleiterpflicht! Somit haben wir die nötigen Infos so akribisch wie möglich bereits vorher eingeholt – zumindest soweit das ging:

Länge, Elevation und Oberfläche ergeben sich aus den Anflugkarten ; aber wo steht etwas über Graslänge, Weichheit / Ebenheit des Untergrundes, Veränderung bei Regen, Abstand zu Bäumen oder Bergen usw.?

Hier waren Anrufe bei den örtlichen „Flygklubbs“ meist sehr zielführend. Dabei zeigte sich durchweg die ausgesprochene Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Schweden, die oft persönlich zum Platz fuhren, um uns ganz aktuelle Updates zu geben.

 

3. … und überall triffst du Bekannte
Die sprichwörtliche „eine große Fliegerfamilie“, die immer gerne hilft, triffst du in Schweden:

  • Der Vorsitzende des Flygklubbs in Älmhult ruft uns persönlich an, um sich von unserer geglückten Landung auf „seinem“ Platz zu überzeugen …
  • Als das Vorhängeschloss der Tankstelle in Västervik klemmt, wird es kurzerhand abgeflext (mit 2 Feuerlöschern im Anschlag) …
  • Nach der Landung in Västerås/Mittelschweden staunen wir über eine Cessna Caravan mit der Kennung D-FPAR, bevor sich Jan als Fallschirm-Absetzer aus Illertissen vorstellt. Und uns gleich eine hilfreiche Taxi-Telefonnummer gibt …
  • Als ein schwedischer Fluglehrer unser Flugziel (Siljannäs (ESVS), eine Wohnsiedlung mit eigener Landebahn!) erfährt, gibt er uns die Handynummer von dort ansässigen Lufthansa-Piloten, die uns sogleich für 4 h zum Kaffee einladen (und stolz ihr halb fertiges Kit-Plane in der „Garage“ präsentieren)! Wie genial: Wohnen neben der Landebahn, u nd statt Garage gibt es einen Hangar …
  • Wir werden spontan Teil einer Trauerfeier in Umeå im Gedenken an einen Fallschirmflieger-Unfall mit einer GA8 vor exakt 2 Jahren …
  • Der Vorsitzende des Flygklubbs von Kiruna hätte nicht nur Avgas 100 LL vor Ort zum Verkauf, sondern kennt auch jemanden entlang unserer Route (in Hemavan-Tarnaby, knapp 2 h südlich) mit Avgas! Beide Flughäfen haben laut AIP offiziell kein Avgas …
  • Ein alter Pilot in Hallviken erzählt uns von früheren Aus-Flügen nach Deutschland, wo er ein NOTAM (im Rahmen des Obama-Besuches) übersah und in Ganderkesee von der Polizei empfangen wurde …
  • Das „Mädchen für Alles“ in Optand namens Anders fährt uns nicht nur wie selbstverständlich zu unserer gebuchten Unterkunft, sondern verspricht uns auch eine persönliche Abholung am nächsten Morgen und selbstgebackene Waffeln am Flugplatz …
  • In Hede ist Wochenmarkt, und selbst die holländischen Käseverkäufer bestaunen D-ENYB …
  • In Arvika werden wir von Deutschen begrüßt, können uns Fahrräder für einen Trip in die Stadt leihen und werden bis dorthin begleitet …
  • In Hässleholm kommt ein Flugleiter (!) extra raus, um den Elektrozaun um das Fluggelände zu deaktivieren; es war mittlerweile richtig ungewohnt, eine Antwort am Funk zu bekommen …
4. Buschflug-Erfahrung kann nie schaden
  • Wenn auf kleinen Plätzen kein Flugleiter vor Ort ist, hat das leider auch den Nachteil, dass dieser dir keine Infos über den Zustand des Platzes geben kann! Es ist daher hilfreich zu wissen, wie ich die wichtigsten Parameter aus der Luft beim Überflug (ggf. in versch. Höhen) selbst feststelle: tatsächliche Länge, Oberflächenbeschaffenheit, Hindernisse im Anflug etc.
  • Beim Abflug von Åviken Fly Camp erwischten wir eine weiche Stelle und durften das rechte Hauptfahrwerk erst einmal freibuddeln …
  • Die Gebirgszüge im Nordwesten Schwedens sind faszinierend; wichtig ist jedoch, bei z.T. starken Abwinden immer einen sicheren Ausweg Richtung Tal zu haben!
  • … und für entlegene Gegenden schadet es nicht, einen persönlichen Überlebensrucksack mit Ausrüstung und Verpflegung für einige Tage zu packen!
  • Gut, dass ich 7 Jahre in Afrika „gelernt“ habe …

Fazit:

Es gibt sie noch, die fliegerische Freiheit über den Wolken; allerdings nur mit beachtenswerten Randbedingungen, die sich von Land zu Land durchaus ändern können und es absolut wert sind, erflogen zu werden …

Gero G. (FFG Mitglied) und Damaris G.

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Flug-Förderungsgemeinschaft e.V.

Die Flug-Förderungsgemeinschaft e.V. (kurz: FFG) ist ein gemeinnütziger Verein mit über 100 Piloten und vielen Förder-Mitgliedern am Forschungsflughafen Braunschweig. Das Ziel des Vereins ist die Förderung des Fliegens. Dieses Ziel wird insbesondere dadurch erreicht, Luftsport-Interessierte in unserer eigenen Flugschule zum Piloten auszubilden.

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